Gartenrestaurants haben in Leipzig eine sehr lange Tradition und die Leipziger sind sich dieser Tradition durchaus bewusst. Die Stadt gilt als Wiege der Schrebergartenkultur und zählt 208 Kleingartenanlagen, welche rund 30 Prozent der Fläche des gesamten Stadtgrüns einnehmen. Nahezu jede dieser Kleingartenanlagen verfügt über ein eigenes Gartenlokal. Einige dieser Lokale besitzen zum Teil schon Kultstatus. Eines hat es sogar bis zur Empfehlung im Marco Polo-Reiseführer gebracht.
Daher erscheint es kaum verwunderlich, dass aktuell ein regelrechter Trend zum Gartenlokal erkennbar ist. Alteingesessene, manchmal etwas „verstaubte“ Einrichtungen wurden in den letzten Jahren von einer neuen Betreibergeneration übernommen und mit neuen „alten“ Konzepten belebt. Und das wird von den Kunden honoriert. Denn im Zeitalter der sich ständig wechselnden Trends und standardisierter Gastronomiekonzepte haben Tradition, Heimat, Bodenständigkeit und ehrliche Gastfreundschaft wieder Konjunktur. Das gute alte Gartenlokal hat aber nur Chancen, wenn Angebot und Servicequalität stimmen. „Es kommt auf eine individuelle und herzliche Gästeansprache an“ berichtet Sandra Klöppel, seit zwei Jahren Inhaberin des Wirtshauses „Zum Nibelungen“ in Leipzig-Lößnig. „Die Gäste wollen verwöhnt, nicht versorgt werden. “ fügt sie hinzu.
Auch beim Thema Verzehrgewohnheiten der Gäste gehen die Gartenrestaurants mit dem Zeitgeist. Geboten werden frische, regionale und saisonale Spezialitäten. „Die Kunden wünschen bevorzugt traditionell sächsische und deutsche Küche“ sagt Steffen John, seit 2015 Pächter der „Futterkiste“ in Leipzig-Marienbrunn und fügt an: „Was auf keiner Speisekarte fehlen darf sind typische „DDR-Gerichte“, wie das Steak au four.“
Nun könnte man vermuten, dass vor allem „Traditionsverwurzelte“ und „DDR-Nostalgiker“ das Zielpublikum dieser Lokale sind. „Dem ist nicht so. Die Gäste lassen sich keiner Altersgruppe zuordnen.“, weiß Nico Schrade, seit 2016 Betreiber des Restaurants „Zur Würze“ in Leipzig-Dölitz, zu berichten.
Tatsache ist, dass Gartenlokale immer mehr zu Orten der generationsübergreifenden Kommunikation werden. Dies dürfte zum einen an den vergleichsweise üppigen räumlichen Kapazitäten und den dadurch möglichen Veranstaltungskonzepten der Betreiber liegen. Zum anderen an den angrenzenden Spielplätzen, wodurch auch für die Kleinen der Kneipenbesuch zum Erlebnis wird. Und: Die Stammtische sind zurück, so kommen die Gäste schneller ins Gespräch. Man trifft sich anstatt nur zu chatten, unterhält sich und lässt sich nicht nur unterhalten.
Aber die Idylle weit ab vom Straßenlärm hat auch für die Betreiber ihren Preis: Gartenrestaurants erhalten durch ihre naturgemäß versteckte Lage eine geringere Aufmerksamkeit als Restaurants an der Hauptstraße. Der Schlüssel zum Erfolg ist daher ein ausgeklügeltes Werbe-Konzept, das aus einer Kombination aus klassischer Werbung und Online-Marketing besteht. Unverzichtbar ist mittlerweile der Eintrag bei Google Maps mit Öffnungszeiten und Verlinkung zur Webseite, die so gestaltet sein sollte, dass der Besucher schon beim Betrachten Appetit bekommt. Die ältere Generation erreicht man gut über Anzeigen in der Stadtteilzeitung und im Gastroteil der Leipziger Volkszeitung, die jüngere über Soziale Medien wie Facebook und Co.
Fazit: Gartenrestaurants mit klarem Markenprofil und persönlicher Handschrift dürfen sich wohl auch weiterhin großer Beliebtheit erfreuen, wenn sie es schaffen, ihren Gästen auch in Zukunft trotz Fachkräftemangel und hohen Betriebskosten ein günstiges Preis-Leistungsverhältnis zu bieten. Auf der Leistungsseite punkten zweifellos die großzügig begrünten Biergärten, die sich füllen, sobald die ersten Sonnenstrahlen da sind.